FDP Fraktion zu TTIP

06.05.2015 (Peter Hupfauer)

Es sind einige kritische Dinge zu hören, die TTIP mit sich bringen soll. Wenn man die Dinge ernsthaft und genauer betrachtet und die Fakten kennt, entpuppt sich manche Kritik als übertrieben oder gar nicht haltbar.

Als FDP wollen wir auch die wichtigen Chancen hervorheben, die das TTIP-Abkommen für die europäischen Volkswirtschaften mit sich bringt. Nicht ohne Grund hat die EU die Verhandlungen initiert, nicht die USA.

Der Abbau bürokratischer Hürden wie der Wegfall von Doppelinspektionen, überflüssigen Zertifizierungen und Zollbürokratie würde für viele Unternehmen den Schritt auf den US-Markt überhaupt erst möglich machen. Auch wenn das wenig abgehoben klingen mag, davon hängen auch Arbeitsplätze und unser Wohlstand ab.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die immerhin rund 30% der Exporte aus der EU realisieren, sind Kosten durch Regulierung ein wichtiges Thema. Wir setzen uns daher für einen Abbau bürokratischer Hürden bei der Zollabfertigung und eine gegenseitige Anerkennung von Zertifizierungen ein, wo dies sinnvoll und möglich ist.

Für die FDP stehen die Vorteile und Chancen von TTIP überschaubaren Risiken gegenüber. Am Ende wird der vollständige Vertragstext veröffentlicht und monatelang für jeden einsehbar sein, bevor das EU-Parlament, und wahrscheinlich auch die nationalen Parlamente, darüber abstimmen – so wie beim EU-Kanada-Abkommen (CETA) auch.

Transparenz

  • Für die gemeinsame Handelspolitik ist ausschließlich die EU zuständig. Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemeinsam Verordnungen für Maßnahmen der Ausfuhrpolitik, zur Änderung von Zollsätze oder zur Vereinheitlichung der Handelsliberalisierung.
  • Die TTIP-Verhandlungen sind nicht geheim, sondern tatsächlich transparenter als sämtliche EU-Handelsverhandlungen zuvor. Das Europäische Parlament (EP) und die Mitgliedstaaten werden in den jeweiligen Handelsausschüssen regelmäßig unterrichtet und erhalten Einblick in die relevanten Dokumente.
  • Auch die Zivilgesellschaft wird vor und nach jeder Verhandlungsrunde von den Chefunterhändlern eingehend informiert. Die Kommission hat zudem eine Beratergruppe mit 16 Vertretern von Gewerkschaften, Verbänden, Unternehmen und der Zivilgesellschaft eingesetzt.
  • Das Abkommen ist jedenfalls im EP und im Rat ratifizierungsbedürftig. Außerdem gilt es als wahrscheinlich, dass auch Bundestag und Bundesrat zustimmen müssen. Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof in den kommenden Monaten zu entscheide. Wenn Kritiker behaupten, Exekutivhandeln würde „gewählte Parlamentarier binden“, dann ist das offensichtlich unrichtig. Ohne Zustimmung im EP und den nationalen Parlamenten tritt das Abkommen nicht in Kraft.

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen zurzeit drei Handelsabkommen:

Öffentliche Daseinsvorsorge

Soweit es die öffentliche Daseinsvorsorge betrifft, ist im Verhandlungsmandat von TTIP eine umfassende Ausnahme enthalten, so wie in allen EU-Handelsabkommen. Das bedeutet: die EU-Kommission, die die Verhandlungen auf europäischer Seite führt, kann in diesen Bereichen überhaupt gar keine Zusagen gegenüber den USA machen. Grundlegende lokale Dienstleistungen, zum Beispiel in Bezug auf Wasser, Gesundheit und Bildung, stehen somit nicht zur Debatte. Wer etwas anderes behauptet, verkennt schlicht die faktische und rechtliche Lage.

Kommunale Selbstverwaltung

Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung bleibt ebenfalls uneingeschränkt erhalten. Natürlich kann eine Stadt oder Gemeinde sich weiterhin entschließen, bestimmte Bereiche zu privatisieren. Eine Pflicht entsteht durch TTIP aber gerade nicht. Wenn eine privatisierte Dienstleistung später wieder re-kommunalisiert werden soll, ist auch das ohne weiteres möglich. Denn TTIP kann und wird die öffentliche Daseinsvorsorge nicht beeinflussen.

Auch an der Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe in deutschen Kommunen ändert TTIP nichts – denn maßgeblich ist allein geltendes EU-Vergaberecht. Kommunen sind daher auch künftig nicht verpflichtet, öffentliche Dienstleistungen an Dritte zu vergeben, anstatt sie selbst oder durch kommunale Unternehmen zu erbringen. Umgekehrt wird jedoch ein Schuh daraus: an Ausschreibungen in der EU können schon jetzt Bieter aus aller Welt teilnehmen. Im Gegensatz dazu gelten in zahlreichen US-Bundesstaaten bei der öffentlichen Beschaffung protektionistische „buy american“-Regeln. Wenn es europäische Anbieter von Produkten und Dienstleistungen leichter hätten, in den USA an die öffentliche Hand zu verkaufen, wäre das ein großer Schritt nach vorne für die hiesige Industrie.

Schiedsgerichtsbarkeit (Investitionsschutz)

Fakt ist: das sogenannte Investor-Staat-Schiedsverfahrens („ISDS“) ist allein in Deutschland in rund 130 Handelsverträgen enthalten, teilweise schon seit Jahrzehnten. Davon profitierten vor allem deutsche und europäische Unternehmen, die im Ausland investieren. Zugleich wurde der deutsche Staat, und zwar von der Bundesregierung bis hinunter zur kleinen Gemeinde, bislang nicht ein einziges mal erfolgreich verklagt. Ganz im Gegenteil: Zurzeit klagen beispielsweise die Stadtwerke München, die zu 100% im Eigentum der bayrischen Landeshauptstadt stehen, gegen den spanischen Staat, da dieser die Ökostromförderung gekippt hat. Die FDP hält eine Modernisierung des bestehenden Systems für mehr Transparenz und mehr Rechtssicherheit (Berufungsinstanz) für erforderlich. Das staatliche Recht auf Regulierung muss dabei uneingeschränkt gewährleistet bleiben. Langfristig wäre die Weiterentwicklung zu einem internationalen Handelsgerichtshof wünschenswert.


Weitere und aktuelle Informationen zu TTIP finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission aus erster Hand.